Wirtschaft
Die Geschäftstätigkeit der MCH Group umfasst den Betrieb der Messegelände in Basel und Zürich («Venues»), die Veranstaltung von rund 35 eigenen Messen («Exhibitions») sowie individuelle Dienstleistungen in den Bereichen Marketing Consulting, Full Service Experience Marketing sowie Messe- und Eventbau («Live Marketing Solutions»). Im Jahr 2018 war die MCH Group Veranstalterin oder Gastgeberin von 945 Events und betreute beinahe 3'000 Projekte im Bereich Live Marketing Solutions.
Das Geschäftsjahr ist geprägt von einem substanziellen finanziellen Verlust und mehreren personellen Veränderungen an der operativen Spitze des Unternehmens. Entsprechend wegweisend ist die Einleitung der notwendigen Stabilisierung und Transformation.
Swissbau
Trotz rückläufigem Messegeschäft konnte der Umsatz im Geschäftsjahr 2018 auf Grund des Wachstums im Bereich Live Marketing Solutions auf CHF 522.8 Mio. gesteigert werden. Aus der operativen Geschäftstätigkeit resultiert allerdings ein Verlust von CHF -17.6 Mio. Hinzu kommen Sonderabschreibungen für eine weitere notwendige Wertberichtigung auf die Messegebäude in der Höhe von CHF -132.3 Mio. sowie ein Sonderaufwand für Restrukturierungsmassnahmen von CHF -40.5 Mio., die zu einem Konzernverlust von insgesamt CHF -190.4 Mio. führen.
Die MCH Group befindet sich in einem tiefgreifenden Transformationsprozess, der auf Grund fundamentaler Veränderungen in der Messe- und Eventbranche erforderlich ist. Ihr Ziel ist es, ihre klassische Live-Event-Kompetenz zu einer Experience-Marketing-Kompetenz in physischen und digitalen Bereichen zu entwickeln. Im Sommer 2018 hat die MCH Group die Gestaltung des notwendigen Transformationsprozesses definiert und eingeleitet. Nach einer Priorisierung der strategischen Initiativen und ersten Restrukturierungen wird 2019 die Unternehmensstrategie neu definiert und deren Umsetzung eingeleitet.
Im vergangenen Jahr haben CEO René Kamm und drei weitere Mitglieder des Executive Board das Unternehmen verlassen. Im September 2018 hat Hans-Kristian Hoejsgaard interimistisch die operative Leitung des Unternehmens übernommen. Im Sommer 2019 wird Bernd Stadlwieser als neuer CEO das Zepter übernehmen.
Details zum Geschäftsjahr 2018:
Jahresbericht 2018
Finanzbericht 2018
Kennzahlen
Unternehmensstrategie
In den vergangenen Jahren hat die MCH Group ihre Wachstumsstrategie der Diversifikation, Internationalisierung und Digitalisierung intensiv vorangetrieben, insbesondere mit zahlreichen Akquisitionen in den Bereichen «Collector Events» (Regionale Kunstmessen, Masterpiece London) und «Live Marketing Solutions» (MC2) sowie mit verschiedenen Entwicklungsprojekten (unter anderem Art Basel Cities, Grand Basel). Im Rahmen der notwendigen Stabilisierung und Transformation des Unternehmens ist im Herbst eine Priorisierung dieser strategischen Initiativen vorgenommen worden.
Die festgelegten Prioritäten: Die weltweit führende Position der Art Basel soll weiter gestärkt werden durch den Fokus auf die bestehenden Shows und die Entwicklung weiterer Initiativen. Die Masterpiece London wird international expandiert, in einem ersten Schritt nach Hong Kong. Die erforderliche Neukonzeption der Baselworld wird in Zusammenarbeit mit den Aussteller-Gremien zielführend fortgeführt. Die MCH Group will ebenfalls in die Weiterentwicklung der erfolgreichen primär auf den Schweizer Markt ausgerichteten Messen investieren und neue Themen und Formate prüfen. In der Division Live Marketing Solutions werden die Kompetenzen und das Dienstleistungsangebot im Bereich der Strategie- und Konzeptentwicklung weiter ausgebaut.
Die Initiative der Entwicklung eines Portfolios mit regionalen Kunstmessen wird nicht weiterverfolgt. Die MCH Group beabsichtigt, die Beteiligungen an der Art Düsseldorf und der India Art Fair zu veräussern. Das Konzept der Grand Basel wird verifiziert. Auf die Durchführung der klassischen allgemeinen Publikumsmessen Muba, Züspa und Comptoir Suisse wird künftig verzichtet. Die MCH Group hat zudem per 31.12.2018 die Winkler Livecom AG an das Management und einen privaten Investor veräussert.
Im laufenden Geschäftsjahr 2019 wird die Unternehmensstrategie eingehend geprüft und neu definiert. Der bereits 2018 eingeleitete Restrukturierungsprozess wird parallel zum laufenden Strategieprozess fortgeführt und auf dessen Ergebnis ausgerichtet. Ziel ist es, Fachkompetenzen und Support-Funktionen gruppenweit stärker zu bündeln und zu teilen, um entsprechende Synergiepotenziale besser nutzen zu können.
Wertschöpfungskette
Im Messe- und Event-Markt stehen am Anfang der Wertschöpfungskette die Veranstalter, die für die Durchführung ihrer Veranstaltungen geeignete Infrastrukturen sowie verschiedene weitere Services – hier als Marketing-Lösungen bezeichnet – benötigen. Die Anbieter dieser Marketing-Lösungen erbringen ihre Services jedoch nicht nur für die Veranstalter, sondern vor allem auch für einzelne Akteure im Zusammenhang mit den entsprechenden Veranstaltungen (zum Beispiel Aussteller an Messen oder Sponsoren bei Sport-Events). Die einzelnen Akteure innerhalb der Wertschöpfungskette sind häufig Zulieferer der voranstehenden und Auftragsgeber der nachfolgenden Leistungserbringer.
Die MCH Group erbringt in dieser Wertschöpfungskette ein breites Leistungsspektrum, das von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann. Die Leistungen der MCH Group können grundsätzlich immer auch von Dritten erbracht werden, und die Kunden sind in der Wahl ihrer Zulieferer frei.
Bei ihren eigenen Messen an ihren eigenen Standorten erbringt die MCH Group die Leistung des Veranstalters sowie des Infrastrukturbetreibers, bei Eigenmessen an fremden Standorten nur diejenige des Veranstalters. Bei Gastmessen beschränkt sich die Leistung der MCH Group primär auf die Bereitstellung der Infrastruktur.
Sowohl bei Eigen- wie auch bei Gastmessen kann die MCH Group zudem individuelle Marketing-Lösungen für die ausstellenden Firmen erbringen, zum Beispiel im Bereich Messebau. Die MCH Group erbringt ihre Leistungen im Bereich «Live Marketing Solutions» aber nicht nur im Messewesen, sondern ist damit im ganzen Live Marketing Markt aktiv, das heisst auch bei anderen Formen von Corporate Events sowie in den Bereichen Kultur und Sport.
Dort, wo die MCH Group selbst als Leistungserbringer auftritt, kann die Inanspruchnahme der Zuliefergruppen ebenfalls stark variieren. Im Bereich Infrastruktur zum Beispiel konzentriert sich das Leistungsspektrum der MCH Group weitgehend auf das Facility Management, die Facility Services werden in der Regel von regionalen Zulieferern erbracht.
Indirekte wirtschaftliche Auswirkungen
Messen, Kongresse und Events lösen einen grossen direkten und indirekten volkswirtschaftlichen Nutzen aus. Verschiedenen Studien zu den volkswirtschaftlichen Effekten des Messewesens zufolge generieren Messegesellschaften eine so genannte «Umwegrentabilität» des Acht- bis Zehnfachen ihres eigenen Umsatzes. Nur etwa 20 bis 25 % der Ausgaben, welche bei einem ausstellenden Unternehmen im Rahmen seiner Messebeteiligung anfallen, fliessen in die Kasse des Messeveranstalters. 75 bis 80 % der Ausgaben kommen verschiedenen Zulieferern und Dienstleistern zugute.
Rechnet man die Ergebnisse dieser Studien auf die aktuellen Kennzahlen der MCH Group hoch, lassen sich folgende Schätzungen ableiten: Für ihre Beteiligung an einer Veranstaltung der MCH Group tätigen Aussteller und Besucher jedes Jahr Ausgaben von rund CHF 3 Mrd., davon rund CHF 2 Mrd. in der Schweiz. Diese Ausgaben kommen dem Bau- und Baunebengewerbe (20%), dem Gastgewerbe (30%), den Verkehrsbetrieben (16 %), dem Detailhandel (6 %) sowie verschiedenen Dienstleistern (28 %) zugute. In der Schweiz lösen diese Initialeffekte als direkte und indirekte Folgeeffekte Umsätze von insgesamt rund CHF 5.5 Mrd. aus. Die damit verbundene Wertschöpfung entspricht rund 30'000 Arbeitsplätzen und Steuererträgen für Bund, Kantone und Gemeinden in der Höhe von über CHF 400 Mio.
Nicht in Zahlen darstellen lassen sich weitere Effekte, insbesondere die positiven Auswirkungen, welche erfolgreiche Messen als Marketing-Plattformen für die entsprechende Branche und eine erfolgreiche Messebeteiligung für die ausstellenden Firmen haben.
Für die Durchführungsorte haben Messen und Kongresse oft auch touristische «Leuchtturmeffekte», indem sie eine Ausstrahlung und Anziehungskraft ausüben, welche sich auf die Stadt oder das Land übertragen. So profitiert die Region Basel zum Beispiel davon, dass die weltweit führenden Veranstaltungen Baselworld sowie Art Basel in Basel, Art Basel in Miami Beach und Art Basel in Hong Kong den Namen ihrer «Heimatstadt» in die ganze Welt hinaustragen.